Am 12. September erläuterten Wissenschaftler*innen und Stadtplaner*innen gemeinsam mit Mitarbeitenden der Zukunftsstadt, wie Hitzeinseln in Lüneburg verhindert werden können. Fotos: Zukunftsstadt

Wissenschaft, Gesellschaft und Verwaltung diskutierten am 12. September Wege, das Lüneburger Stadtklima abzukühlen

Wenn man den Stadtklima-Forschern des Hereon und GERICS zuhört, klingen ihre Berichte wie aus einer anderen Welt. Nicht nach der soliden Backsteinstadt Lüneburg, sondern nach einem ätherischen Ort, wo schwere, kalte Luftmassen vergleichbar wie Wasser durch die Gassen fließen beziehungsweise langsam „wabern“ und Wärmestrahlungen gen Universum verschwinden.

Was hat das mit unserem Alltag zu tun? Er ist bestimmt von den aktuell auftretenden Wetterlagen und den langfristigen Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt.

Das heißt: Hitzesommer oder Starkregenereignisse wirken stärker auf unser Leben in der Stadt. Zu verstehen, wie genau sich solche Wetterlagen auswirken oder wie Strömungen kühle Luft bis in die Innenstadt bringen, ist eine wesentliche Grundlage, um mit den Auswirkungen des Klimawandels zurechtzukommen. Das nennt sich dann Klimafolgenanpassung. Wir wissen, dass die Herausforderungen durch extreme Wetterlagen größer werden. Also tun wir gut daran (neben dem Klimaschutz), Stadtstrukturen daran anzupassen.

Lokale Forschungen zu Starkregen

Bei der Stadtklima-Veranstaltung am 12. September auf dem Marienplatz teilten die Wissenschaftler Prof. Markus Quante (Helmholtz-Zentrum Hereon, Honorarprofessor an der Leuphana Universität) und Dr. Markus Groth (Climate Service Center Germany – GERICS) ihr Wissen mit etwa 15 anwesenden Zuhörer*innen. Sie brachten die Ergebnisse von Stadtklima-Forschung zu Hitze und Hochwasser aus anderen Städten wie etwa Bleckede und Boitzenburg mit, die auf Stellwänden gezeigt wurden. Tobias Neumann aus der Stabstelle Nachhaltige Stadtentwicklung der Hansestadt Lüneburg ergänzte dazu den aktuellen Stand in Lüneburg. Auch dazu gibt es Gutachten, welche Bereiche der Stadt sich an extremen Hitzetagen am meisten aufheizen oder wie sich Starkregenereignisse im Stadtgebiet auswirken. Über viele städtische Maßnahmen informieren die Internetseiten des Lüneburger Klimaschutz-Teams.

Gefühlte 60 Grad statt 30

Sara Reimann, Projektmanagerin des Zukunftsstadt-Projektes, erklärte: „Als Zukunftsstadt versuchen wir stets in enger Kooperation mit Wissenschaftlern zu arbeiten. Im Bereich Stadtklima konnte so mit Hereon und GERICS eine Masterarbeit mit Analysen zu drei ausgewählten Plätzen entstehen.“

In Computersimulationen hat die Studentin Miriam Potyka beispielsweise gezeigt, wie sich verschiedene Begrünungsmöglichkeiten auf die Aufenthaltsqualität des Marienplatzes auswirken. Um 13 Uhr an einem heißen Sommertag mit über 30° Grad Celsius Lufttemperatur kann durch die Hitzestrahlung der Sonne und des Asphalts, eine gefühlte Belastung des Körpers von rund 60 Grad Celsius entstehen. Begrünung und mehr Schatten reduzieren diese Belastung deutlich. Neben Bäumen können spenden auch schattenschaffende Sonnensegel oder Wasser- und Rasenflächen, helleres Bodenpflaster und eine gute Luftzirkulation einen Ort, der eine Verschnaufpause an Hitzetagen bietet. Nachzulesen ist dies auf der Internetseite des Zukunftsstadt-Experiments „Grüne Backsteinstadt“.

Mehr Vögel und Insekten

Die Zuhörer*innen fügten hinzu, dass mehr Begrünung auch Aufenthaltsräume für Vögel und Insekten bietet. Ein wichtiger Nebeneffekt, wie Prof. Quante bestätigte. Mit der richtigen Auswahl an Pflanzen bieten auch Dach- und Fassadenbegrünung Lebensraum für mehr Artenvielfalt in der Stadt. Das in denkmalgeschützten Teilen der Lüneburger Innenstadt nicht alle Fassaden begrünt werden können, ist allen klar. Interessiert guckten die Gäste aber auf den Luftbild-Teppich, auf dem in diesem Zusammenhang die vielen Flachdächer von Kaufhäusern aufgezeigt wurden: Hier ist noch viel Potenzial für Dachbegrünung, so die einhellige Meinung.

Was beim Neupflanzen von Bäumen zu beachten ist

Wie wäre es auch mit mehr Bäumen in den Gassen Lüneburgs? Hier brachte Tobias Neumann die differenzierte Sichtweise des Stadtplaners ein: Sicherlich kann man an einzelnen Stellen Bäume ergänzen. Leitungen im Untergrund erlauben nicht an jeder Stelle Bäume. Auch Rettungswege und Feuerwehrzufahrten müssen frei bleiben. In der Altstadt gibt es also keine Standardlösungen, eher gezielte Maßnahmen für einzelne Standorte.

Beratung für Hausbesitzer*innen

Sara Reimann gab allem zum Schluss mit: „Die Zukunftsstadt bleibt den Lüneburger Potenzialen auf der Spur. Dazu gehört das Experiment Grüne Backsteinstadt, in dem die Lösungssuche vertieft wird. Einzelne Immobilieneigentümer*innen können aber schon jetzt die Förder- und Beratungsangebote des Klima-Teams der Hansestadt in Anspruch nehmen – für Klimaschutzmaßnahmen im eigenen Heim oder Geschäft.“ Interessierte können sich beim Klimateam auch beraten lassen.

Was die Verwaltung intern zum Klimaschutz macht, erfahren Sie hier.

Kontakt: sara.reimann@stadt.lueneburg.de
Telefon: 04131 309 45 54